Wettkampfstärke trainieren
In der Diskussion um Fitness und Trainingsmethoden wird oft der wohl wichtigste Teil außer Acht gelassen, das mentale Training zur Entwicklung von Wettkampfstärke. Dabei kennen sowohl Hobby- als auch Leistungssportler das Dilemma: Man fühlt sich eigentlich miserabel, aber trotzdem muss man Bestleistung zeigen. Einen bestimmten Gefühlszustand erzeugen zu können, ist das Geheimnis von mentaler Stärke. James E. Loehr definiert mentale Stärke als „Fähigkeit, das gesamte Potential an Talent und Technik im Wettkampf umzusetzen“[1]. Während Talent eine Gabe ist, die der eine mehr und der andere weniger besitzt, lässt sich Technik erlernen. Die harte Arbeit durch diszipliniertes Training und ständige Wiederholung sind dafür ausschlaggebend. Aber genauso wie die technischen Fertigkeiten lässt sich auch die mentale Stärke erlernen!
Wettkampfstärke: Reale Person vs. Champion
In einer Wettkampfsituation gibt es zwei Gefühlszustände, mit denen sich der Sportler auseinandersetzen muss. Zum einen die tatsächlichen Ängste, Schwächen und Erwartungen. Zum anderen der Wettkampfmodus, der einen positiven, starken und souveränen Auftritt verlangt. Um den Hebel von der realen Person zum Champion umlegen zu können, muss sich der Sportler zunächst beide Gemütszustände bewusst machen. Nur durch ein genaues Verständnis, sowohl im Detail als auch im Wechselspiel, kann er Wettkampfstärke entwickeln. Entscheidend ist sich selbst zunächst ohne Beschönigungen oder Versteckspiel offen gegenüber zu treten. In einem zweiten Schritt gilt es, sich die Eigenschaften eines Champions bewusst zu machen. Der Champion hat ähnlich einem Schauspieler gelernt, die relevanten Gefühle aufleben zu lassen, egal wie die tatsächlichen Gefühle sind. Man spricht hier von „entschlossenem Denken“ und „entschlossenem Verhalten“[1]. Auf dieser Basis schafft es der Sportler sein gesamtes physisches Potential auszuschöpfen und sich an der oberen Leistungsgrenze von Talent und Technik zu bewegen. Er ist dadurch auch bei vermeintlichen Fehlentscheidungen oder Punktverlusten absolut souverän.
Wettkampfstärke: Emotionen im Sport
Der Körper sendet rund um die Uhr Nachrichten und Signale aus – Emotionen. Analysiert man sie richtig, stehen technische Fähigkeiten und Talent im Einklang mit dem Körper und man besitzt die Kontrolle über den idealen Leistungszustand. Fehlinterpretationen oder Missachtung können den Sportler dagegen im Wettkampf blockieren. Mentale Stärke ist die erlernte Fähigkeit, im Wettkampf eine ganz bestimmte emotionale Reaktion hervorzurufen. Sie lässt sich beschreiben als Gefühl der Freude, eine positive kämpferische Einstellung, Zuversicht und Konzentration. Jedes Mal mit einem Gefühl der Herausforderung zu kontern, wenn es in einem Wettkampf eng wird, erfordert herausragende emotionale Fähigkeiten: Physisch gut vorbereitet zu sein, großem emotionalem Stress Stand zu halten und auf Kommando von der realen Person auf den Champion übergehen zu können.
Wettkampfstärke: Visualisieren als Trainingsreiz
Über- und Untertraining kennt jeder Profisportler z.B. in Bezug auf die Muskulatur. Doch auch auf der emotionalen und mentalen Ebene muss das Prinzip der Superkompensation berücksichtigt werden. Der Trainingsreiz im mentalen Bereich heißt Visualisieren, d.h. Strategien und Taktik immer wieder im Geist durchzugehen und sich trainieren, positiver zu denken. Ohne einen Trainingsreiz bzw. Stress kann ein Sportler nicht seine gesetzten Ziele erreichen. Das optimale Maß ist daher auch beim Visualisieren wie auch bei Trainingsmethoden im Kraft- oder Ausdauerbereich entscheidend. Das wichtigste für jeden Sportler ist den Unterschied zu lernen zwischen leistungssteigerndem (adaptivem) Stress und Stress der schadet. Um emotional stärker zu werden und Wettkampstärke zu entwickeln, muss man sich ins Feuer wagen und schnell wieder herauszuspringen, bevor man sich verbrennt. D.h. auch im mentalen Bereich muss im Anschluss an die Stressperioden des Visualisierens die für eine Leistungssteigerung zwingend notwendige Erholungsphase erfolgen.
[1] James E. Loehr: Die neue mentale Stärke. Deutsche Übersetzung – München 2001